Es war sehr inspirierend: Ich wurde auf einer Feier gefragt, wie ich das mit der Inspiration mache beim Komponieren von Musik. Und ich fand die Frage sehr gut. Sofort fiel mir ein, dass jeder Mensch Inspirationen hätte und dass ich da nicht anders sei. (Es ist mir häufig ein Anliegen, zu betonen,
dass jeder Mensch Komponist werden könne, für den Fall, dass sich unter den Menschen, mit denen ich spreche, ein frischer Komponist befindet, der noch gar nicht weiß, wie er komponieren lernen kann - eine frühere Version meiner Selbst, wenn man so will. Aber zurück zur Sache.) Ich habe Inspirationen, so wie jeder andere Mensch. Dann dachte ich kurz darüber nach, wie oft man eigentlich Inspirationen hätte im Leben. Wie oft ist man inspiriert? Einmal alle paar Wochen? Was ist das Intervall? Und es erstaunte mich, dass es darüber noch keine in der Allgemeinheit bekannte Forschung gibt. Wie oft ist man inspiriert? Ich weiß es nicht! Schade! Das wäre eine interessante Information. Ich habe im Gespräch dann eine Zahl in den Raum gestellt und habe gemutmaßt, dass man wahrscheinlich etwa einmal alle paar Wochen inspiriert sei. Von selbst. Ganz automatisch. Ohne dafür etwas zu tun. So quasi: Einmal alle paar Wochen ist man "gratis" inspiriert. Die Krux liegt eben darin, wie man öfter (bzw. länger) inspiriert sein kann, aber dazu komme ich gleich. Von selbst sei der Mensch etwa alle paar Wochen einmal inspiriert, schätzte ich. Es fühlte sich richtig an, kann aber natürlich sein, dass diese Zahl in der Realität ganz anders ist. Und der Rest meiner Ansicht ist sehr ernüchternd, und ich kann mir vorstellen, dass es das ist, was Komponistinnen von Nicht-Komponisten unterscheidet: Man kann nach der Inspiration Ausschau halten. Und zwar mit ganz viel Geduld. Man kann stundenlang nach der Inspiration Ausschau halten und bestmöglich seine Energie darauf verwenden, sich von ihr erwischen zu lassen oder sie zu erkennen, wenn sie dann da ist. Man kann sich stundenlang mit einem einzigen Thema beschäftigen, wo man gerne inspiriert sein würde und irgendwann kann es sein (und wird es in der Regel auch!), dass sich eine Inspiration zu diesem Thema dazugesellt. Ein Beispiel: Sie wollen eine Inspiration haben zu dem Thema "Kücheneinrichtung". Vermutlich werden Sie spontan keine haben (falls doch, gratuliere!!). Aber jetzt tun Sie einmal so, sie bekämen 10 Millionen Euro, wenn Sie wie auch immer 5 wahrhaftige Inspiration zu dem Thema "Kücheneinrichtung" äußern würden. Sagen wir, Sie hätten genau 1 Monat Zeit. Am Ende der Frist, wenn Sie mit 5 wahrhaftigen Inspirationen kämen, würde man Ihnen 10 Millionen Euro geben. Ich vermute, dass Sie diese 5 Inspirationen am Ende des Monats hätten. Weil Sie Ihren gesamten Geist darauf richten würden, weil Sie Zeit und Energie, eine Balance aus Wollen und Loslassen finden würden, weil Sie vielleicht wirklich und ehrlich dieses Ziel erreichen wollen würden und dadurch letztlich einen Weg finden würden. Und so ist das mit den Künstlerinnen, denke ich. Wir haben einen Drang von Innen heraus, unser Ziel wirklich erreichen zu wollen. In meinem Fall eine fertige Komposition haben zu wollen. Mein Antrieb sind natürlich keine 10 Millionen Euro, mein Antrieb ist etwas viel Wertvolleres: Erfüllung. Aus irgendeinem Grund denke ich, und es ist auch die Wahrheit, dass, wenn ich eine Komposition vollende, so wie ich sie gerne hätte, dass ich dann eine Erfüllung erreiche und im besten Fall auch andere erfüllt werden können, wenn sie das fertige Werk hören. Und das ist der Grund, warum ich denke, dass jeder Mensch Komponist sein kann. Wenn er es denn will und gewisse äußere Umstände ihn segnen, so dass er sich in Ruhe ans Werk machen kann. Es ist eine Frage der inneren Motivation, und gar nicht so sehr der Inspiration. Also kurz gesagt: Ich mache das mit der Inspiration so, dass ich sie mir wirklich aus Herzen wünsche, so oft und langanhaltend wie möglich. Gelingt mir das immer? Nein. Gibt es Menschen, die öfter inspiriert sind als ich? Ich weiß es nicht, ich denke aber schon. Ist es schwierig für mich, Inspiration zu finden bzw. aufrecht zu erhalten? Ja. Ist es mir die Mühe wert? Ja. Wäre es Ihnen die Mühe wert, sich für musikalische Inspiration so richtig ins Zeug zu legen? Das müssen Sie selbst wissen.
Übrigens hat dann jemand gesagt, dass sie denke, dass man auch in anderen Bereichen inspiriert sein könne als in der Musik, wo ich natürlich zustimmte. Wir haben dann gemeinsam festgestellt, dass jeder Mensch Inspirationen nutzen muss, um überhaupt längerfristig zu überleben. Ohne Inspirationen wäre ein normales Leben wahrscheinlich gar nicht möglich, haben wir vermutet. Es wäre zu trist, zu langweilig. Zumindest die Inspirationen, die von selbst kommen, nützen (hoffentlich) jedem Menschen. Auch, wenn er sie dann nicht verfolgt oder sich um deren Verlängerung kümmert.
Ich wünsche mir viel mehr Forschung und Ergebnisse, Erkenntnisse über das Thema Inspiration. Wenn Sie etwas dazu beitragen können oder Ideen haben, hinterlassen Sie mir gerne eine Nachricht über das Kontaktformular (geht auch anonym). Was ist Inspiration, wie gehen Sie damit um, können bzw. wollen Sie sie kultivieren? Was sind Ihre Methoden? Erzählen Sie mir alles, was Sie darüber wissen. Ich wünsche Ihnen viel Inspiration!
PS: Ich habe mehr oder weniger bewusst eine Definition von "Inspiration" ausgelassen in diesem Blog-Eintrag, weil ich für eine Definition wahrscheinlich mehrere Inspirationen bräuchte und recherchieren müsste. So spontan würde ich sagen, dass Inspirationen etwa Ideen sein, die man ganz tief im Inneren sehr stark spürt und die einen auch faszinieren und die man gewissermaßen, zumindest in der Situation, sehr stark mag, vielleicht sogar liebt. Und wo man im Moment irgendwo auch davon überzeugt ist, dass eine solche Idee Potential hat, etwas Größeres zu werden. Und etwas, dass auf jeden Fall Sinn macht. So zumindest würde ich die Gefühle umschreiben, die eine Inspiration umgeben. So kann es also sein, dass man als Komponist nur 2-3 Töne komponiert, aber dass diese Töne so stark von einer Inspiration umgeben sind, dass man ein solches Vertrauen in diese 2-3 Töne hat, dass dann später sich daraus auch wirklich ein größeres Musikstück ergibt. Das ist natürlich verlockend. Für einen Komponisten. Da braucht man nicht unbedingt 10 Millionen Euro dafür. Würde jetzt allerdings auch nicht nein sagen zu den Millionen.
Bild: Clement Eastwood, über pexels.
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